Estlcam: Inverse Gravuren
Der Plan war, ein Holzschild mit meiner CNC zu fertigen. Es sollte jedoch invertiert sein. Das heißt, die Lettern sollten sich vom flachen Hintergrund abheben. Da es verschiedene Wege gibt, so etwas in Estlcam umzusetzen (ein sogenanntes Computer Aided Machining Programm, was aus Zeichnungsdaten Fräspfade und später Maschineninstruktionen erzeugen kann), aber nicht alle Wege leicht zu finden oder gut anwendbar sind, biete ich hier eine Schritt-für-Schritt Anleitung an.
1. Den Rahmen des Schildes importieren
Zuerst sollten Zeichnungsdaten des Rahmens von dem zu fertigenden Schild vorliegen, beispielsweise im DXF
-Format. Ich habe ein rechteckiges Schild mit abgerundeten Ecken und definierter Rahmenstärke in meinem CAD-Programm gezeichnet. Es gilt sicherzustellen, dass die Frästiefe später nicht die Breite des Rahmens überschreitet, ansonsten könnte die Fräsarbeit zu instabil werden.
2. Den Text hinzufügen
Jetzt kann der Inhalt des Schildes in Form von Text durch Tastendruck auf das “Carve”-Symbol hinzugefügt werden. Dabei ist es sinnvoll, die Breite der Textbox an die inneren Rahmengrenze anzupassen, sodass der Text stets hineinpasst. Man hat verschiedene Carve-Stile zur Auswahl. Für die hier dargestellte Fräsarbeit ist Carve aussen
zu wählen. Nun den Text eintippen, Schriftart selektieren und die Schrifthöhe so anpassen, dass es im Schild ein harmonisches Bild ergibt.
Abhängig vom zu verwendenden Fräser sollte dann die Frästiefe gewählt werden. Bei kleineren Winkeln der V-Nutfräsers ist die Frästiefe meist größer zu wählen als bei breiten 90°-Fräsern wie ich ihn verwende. Für mein 12mm
starkes Plattenmaterial setze ich eine Frästiefe von 4.5mm
an. Anschließend wird die maximale Fräsbreite festgelegt. Gemeint ist hier, wie breit die “Täler” zwischen den Buchstaben sein sollen. Da ich für den invertierten Carve eine “Talsohle” benötige, habe ich hier einen sehr großen Wert eingestellt. Zum Schluss dann sollte die Taste Umrahmung auswählen
geklickt werden. Hiermit ist die Fräsarbeit dann nach außen begrenzt.
Bitte dieses Bearbeitungsfenster vorerst geöffnet lassen.
3. Werkzeugauswahl
Wählen Sie nun das V-Nutwerkzeug durch Klicken in der entsprechenden Zeile Ihrer Werkzeugliste für die Textfräsung aus. Stellen Sie sicher, dass das Häkchen bei Textobjekt zerlegen
im Fenster “Text Fräsen” nicht erscheint, denn nur dann können Sie weitere Anpassungen vornehmen. Schließen Sie nun dieses Fenster per Klick auf OK
. Nun wählen Sie Vorschau
aus, um sich einen Eindruck von der Fräsarbeit zu verschaffen. Sehen Sie die eng beisammenstehenden parallelen Linien rechts im Bild? Dies wird durch den Parameter Räumzustellung
aus der Werkzeugtabelle verursacht. Für saubere Arbeiten mit einem Gravurfräser sollte dieser Wert bei kleiner gleich 5%
bleiben.
Hmm, so werden Sie noch keine befriedigenden Arbeitsergebnisse erhalten, und die Fräsarbeit wird lange dauern. Wir benötigen also zusätzlich ein paar Räumpfade mit einem normalen Schaftfräser.
4. Räumen
Speichern Sie Ihr Projekt spätestens jetzt ab. Nach dem aktuellen Schritt kann der Text nicht mehr bearbeitet werden!
Um den Fräser für die Räumung der “Talsohle” hinzuzufügen, wählen Sie den Carve-Pfad aus und wählen Textobjekt zerlegen
an. Bestätigen Sie mit OK
und wählen den Fräspfad erneut aus. Nun erscheint die Werkzeugkonfiguration. Fügen Sie das Räumwerkzeug hinzu. Vorzugsweise ist sein Durchmesser geringer als der Abstand zwischen Schrift und Rahmen, sodass eine möglichst große Fläche später glatt geräumt werden kann (Anmerkung: Ich habe das nicht gemacht, weswegen auf meinem Beispiel ein paar raue Stellen übrig geblieben sind). Die Räumzustellung dieses Fräsers wähle ich bei Holz zwischen 20% und 40%.
Wenn Sie für die Gravur einen Fräser ohne Abflachung am Boden gewählt haben (ich empfehle hier gern 0.5mm
als guten Kompromiss zwischen hoher Auflösung und guter Fertigungsqualität), können Sie die Räumzustellung des Fräsers in der Werkzeugtabelle zur Verbesserung der Oberflächenqualität noch einmal nach unten korrigieren.
5. Zweite Vorschau
Ok, jetzt sollten wir durch sein. Nochmal kurz die Vorschau ausgewählt und sich über die reduzierte Verarbeitungszeit gefreut, und ran an die Maschine?
Ah, eine weitere Optimierung kann für das Gravurfräsen angebracht sein: Unter Einstellungen
die Sicherheitshöhe auf ein Minimum reduzieren (aber ohne in Klemmen oder andere Hindernisse zu rauschen). Das ständige Aus- und Eintauchen ins Material kostet bei Gravuren in Estlcam immer recht viel Zeit, wenn sich die Sicherheitshöhe in großem Abstand zur Werkstückoberfläche befindet.
Keine Sorge, wenn die Schrift in der Vorschau nun nicht mehr lesbar ist. Das ist total normal, weil ja nur die (jetzt wegen Verwendung des Räumfräsers gröber dargestellten) Fräspfade angezeigt werden.
Nach einer letzten Prüfung von Vorschüben und Werkzeugen kann’s jetzt endlich losgehen :)
6. Auf die CNC damit!
Viel Spaß beim Fräsen. Ich für meinen Teil fand es sehr entspannend, der Maschine dabei zuzusehen, wie sie langsam ein immer deutlicher werdendes Bild ins Holz schneidet, was aber erst bei Verwendung des V-Fräsers lesbar wird.